Mercedes GLC EQ: Mehr Technik, mehr Erfolg? – Heise Autos

Mercedes-Benz GLC mit leuchtendem Grill
Heise Autos

Mercedes hat beim Thema Elektroauto einiges aufzuholen. Der CLA war der erste Schritt, mit dem GLC EQ folgt der Versuch, eine Klasse darüber zu reüssieren.

Der Aufschlag muss sitzen: Aktuell schafft es Mercedes-Benz mit keinem seiner E-Autos in die Top Ten der deutschen Zulassungsstatistik, und auch auf anderen Märkten sieht es keinesfalls gut aus. Das wollen die Stuttgarter unter anderem mit dem GLC EQ ändern. Wichtige Bausteine dafür sollen eine Zonen-Architektur der Elektronik und die Versorgung mit Fahrenergie liefern.

Der GLC mit Verbrennungsmotor ist laut Zahlen des Kraftfahrtbundesamtes mit 23.625 Stück das meistverkaufte Modell der Marke im laufenden Jahr. Im vergangenen Jahr lag nur die E-Klasse vor den 32.335 GLC. Die erste elektrische Version trägt noch den Zusatz „mit EQ-Technologie“. Doch das dürfte der Hersteller bald fallen lassen und sich auf die angestammten Typenbezeichnungen konzentrieren. Neu ist beim GLC auch die Mercedes-Benz Electric Architecture (MB.EA). Die Plattform ist ein wichtiger Meilenstein für den Hersteller, denn kommende Modelle der elektrischen E- und S-Klasse werden sie nutzen.

Außerdem dürfte der GLC das letzte Modell sein, das Technikvorstand Markus Schäfer verantwortet. Schäfer hat mit 60 Jahren die konzerninterne Altersgrenze bereits erreicht und sein Vertrag läuft im Mai 2026 aus. Nach einer Verlängerung sieht es aktuell nicht aus, berichtet das Fachmagazin Automobilwoche. Die Suche nach einem Nachfolger habe bereits begonnen. Schäfer ist seit 1990 im Unternehmen und seit 2019 für die technische Entwicklung verantwortlich. Er hat die digitale Factory 56, den Drive Pilot im Level 3, das Betriebssystem MB.OS sowie die Versuchsfahrzeuge EQ XX vorangetrieben.

Markus Schäfer mit dem AMG GT XX
Markus Schäfer mit dem Versuchsfahrzeug AMG GT XX

Die Batterie nutzt ein 800-Volt-System. Allerdings hat der Speicher mit 94 kWh einen geringeren Energiegehalt als beim Münchner Konkurrenten BMW iX3. Der GLC kann mit bis zu 330 kW Gleichstrom geladen werden. Die Ladezeit von 10 bis 80 Prozent ist in den Herstellerunterlagen noch nicht zu finden. Rund 22 Minuten gelten als wahrscheinlich. Mercedes gibt lediglich an, dass in zehn Minuten bis zu 303 km Reichweite nachgeladen werden können. Drei Einschränkungen: Dafür müssen die Batterie auf Betriebstemperatur sein und die Ladeinfrastruktur mindestens 330 kW liefern können. Außerdem gilt diese Reichweite natürlich im WLTP – die Reichweite in der Praxis dürfte auch hier etwas geringer ausfallen.

Ebenfalls unklar ist, ob der GLC an älteren Schnellladern mit 400 Volt Spannung in Deutschland lädt. Mercedes-Benz will den entsprechenden DC-DC-Konverter länderspezifisch verbauen. Wie es für Deutschland aussieht, verraten sie noch nicht. Beim CLA gab es viel Kritik für das Auslassen der 400-Volt-Säulen. Für Bestellungen ab Frühjahr 2026 bietet der Hersteller den Konverter für den CLA als Option an – ein ungewöhnlicher Weg.

MB Hyperscreen
Der nahtlose Bildschirm reicht über die gesamt Breite des Armaturenbretts

Genau wie BMW setzt Mercedes-Benz beim GLC auf eine Zonen-Architektur mit vier Rechnern. Der CLA basiert auf der Mercedes Modular Architektur (MMA). Das mit dem nächsten E-Auto auch eine weitere Architektur zum Einsatz kommt, überrascht. Doch Schäfer nennt im Gespräch mit Heise Autos Gemeinsamkeiten beider Plattformen: „Batterie, E-Motoren, Ladetechnik und die Software MB.OS teilen sie sich. Chassis und Achsen sind aufgrund der höheren Fahrzeuggewichte bei der MB.EA anders ausgelegt.“ Die MMA ist für kompakte und mittelgroße Modelle gedacht, zudem funktioniert sie auch mit Hybrid- und Verbrennungs-Antrieben. MB.EA ist nur auf E-Antrieb der Mittel- bis Oberklasse ausgelegt.

Angetrieben wird der größere GLC 400 4Matic von einem eigenentwickelten PSM-Motor mit Zwei-Gang-Getriebe an der Hinterachse. Mercedes setzt aufgrund der höheren Effizienz auf die Gangschaltung. Bei dieser Allrad-Version trennt eine sogenannte „Disconnect Unit“ den zweiten PSM-Motor von der Vorderachse, sodass im Ruhezustand keine Schleppverluste entstehen. Die Systemleistung liegt bei 360 kW und die Höchstgeschwindigkeit bei 210 km/h.

MB GLC Sternenhimmel
Das Panorama-Glasdach im GLC bringt die Sterne zum Leuchten

Beim GLC fallen drei Dinge ins Auge: Der leuchtende Grill, die 162 leuchtenden Sterne im nicht zu öffnenden Panoramadach sowie der große Bildschirm über die gesamte Breite des Armaturenbretts. Mit 942 LED-Lichtpunkten im optionalen Grill lassen sich Animationen zur Begrüßung, Abfahrt und beim Laden schalten. Ob das auch farbig funktioniert, bleibt offen, die bisherigen Videos zeigen nur weißes Licht. Unklar bleibt auch, was der Grill während der Fahrt macht. Laut UNECE Typengenehmigung darf Licht in der Front nicht mit Stand- oder Tagfahrlicht verwechselt werden. Außerdem darf es nicht blenden. Bei der Größe könnte sich das KBA mit einer Genehmigung schwertun. Andererseits beleuchten beispielsweise BMW und Skoda Teile der Front einiger Autos auch schon.

Während des Gesprächs mit Markus Schäfer war die Zeit für alle Fragen zu knapp. Die schriftliche Nachfrage bei der Mercedes-Benz Pressestelle liefert die Antwort: „Während der Fahrt leuchtet der Grill immer in Kombination mit dem Positionslicht.“ Was das genau bedeutet, bleibt leider unbeantwortet. Positionslichter kennt man bislang vom EQS mit Level 3 Assistent. Die leuchten türkis, wenn der Assistent aktiv ist. Vermutlich muss man sich für eine endgültige Antwort in Geduld fassen. Gleiches gilt für den Preis des leuchtenden Bauteils. Noch hat Mercedes-Benz keine Preise für den GLC EQ veröffentlicht.

Großer Stauraum (128 Liter) in der Front.

Man finde im Automobilsektor derzeit keinen ungeteilten Bildschirm mit dieser Anzahl von Bildpunkten, meint Schäfer. Mit 99,3 cm Breite reicht der Bildschirm vom linken Lüftungsauslass bis zum rechten – also über das gesamte Armaturenbrett. In der Serienausstattung erkennt man noch drei separate Bildschirme hinter Glas. Beim nahtlosen MBUX Hyperscreen wirkt es wie eine einzige Oberfläche. Hier offenbart sich ein weiterer Unterschied zu BMW. Die setzten bei der neuen Klasse auf Projektionen statt größerer Bildschirme. Schäfer ist überzeugt, wenn man in China Erfolg haben will, benötigt man einen Beifahrerbildschirm.

Auch Fahrassistenten spielen dort eine große Rolle. Beim GLC setzt er auf Level 2++. Offiziell hat der Ingenieursverband SAE dieses Level nicht definiert. Die kennen nur Level 2. Mit den zwei Plus versucht Mercedes deutlich zu machen, dass mehr geboten wird. Der GLC fährt selbstständig vom Start- bis zum Zielpunkt, den man ins Navi eingibt. Das funktioniert in der Stadt und auf der Autobahn. Bei einer Testrunde durch die Münchner Innenstadt musste der Sicherheitsfahrer nicht eingreifen. Als Fahrer kann man zwischendurch beschleunigen als auch das Lenkrad drehen, ohne dass der Assistent sofort abschaltet. Doch wie für das Level 2 üblich, bleibt der Fahrer immer allein in der Verantwortung und muss die Augen auf der Straße halten.

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