Spark Alliance: Der Funke soll beim Laden überspringen – Golem

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Ionity, Fastned, Atlante und Electra bilden mit der Spark Alliance einen europäischen Verbund, um das Ladeerlebnis zu verbessern.

Der Ort in Paris hat Symbolcharakter. Die Chefs der vier Schnellladeanbieter Ionity, Fastned, Atlante und Electra bitten nach Paris in den Cercle de l’Union Interalliée. Heute beherbergt das historische Gebäude in der Nähe des Place de la Concord einen Business Club. Bei seiner Einweihung nach dem ersten Weltkrieg war es ein Ort, an dem Militärs der alliierten Länder, Politiker und Wirtschaftsbosse Pläne für die Zukunft Frankreichs schmiedeten.

In den historischen Räumen verkünden die vier Unternehmenslenker am Mittwoch die Gründung der Spark Alliance. Unter ihrem Dach werden ab Juni 1.700 Stationen mit rund 11.000 Schnellladepunkten in 25 Ländern vereint. Damit wird es das größte Netzwerk für High Power Charging (ab 150 kW) in Europa. „Wir brauchen in erster Linie nicht mehr Ladepunkte, sondern ein verlässliches Ladeerlebnis“, sagt Jeroen van Tilburg, CEO von Ionity. Zu häufig erleben E-Autofahrer defekte Anschlüsse oder belegte Ladesäulen, die zuvor als frei in der App oder dem Infotainmentsystem angezeigt wurden. Wer die Hoffnung hegt, laden wird innerhalb der Allianz günstiger, wird enttäuscht. Ist man beispielsweise als Ionity-Kunde mit deren App unterwegs, zahlt man bei den Allianz-Partnern jeweils deren Kilowattstundenpreise. In erster Linie wird die Ladeplanung bei Fahrten ins Ausland erleichtert, da bei der Routenberechnung sämtliche Ladepunkte der Spark Alliance berücksichtigt werden. Außerdem kann das hinterlegte Zahlungsmittel in der App bei allen Allianz-Mitgliedern genutzt werden.

CEOs der vier Betreiber der Spark Alliance
Aurelien de Meaux, Electra; Michiel Langezaal, Fastned, Jeroen van Tilburg, Ionity, Stefano Terranova, Atlante (vlnr)

Bessere Kundenbewertungen

„Wir wollen zum Gold-Standard des Ladens werden“, sagt Michiel Langezaal, Mitgründer und CEO von Fastned. Neben Ausfallzeiten und Preisintransparenz bemängelt er schlechten Kundenservice bei etlichen Mitbewerbern: „Wenn ich mir Bewertungen auf Google anschaue und sehe im Durchschnitt weniger als drei Sterne für eine Station, mache ich als Kunde einen Bogen darum.“ Sein Ziel für alle Stationen der Allianz ist mindestens ein Durchschnitt oberhalb von vier Sternen. Zur Markenbildung hat die Spark Alliance in Paris ein eigenes Logo vorgestellt. Allerdings ist beim dem Kreis-Symbol der Funke nicht direkt erkennbar. Das Logo wird man in den jeweiligen Apps und bei Google Maps sehen. Als Schild oder Aufkleber an den Ladestation sei es zu Beginn nicht vorgesehen, so Langezaal. 

Fastned und Ionity

Das niederländische Unternehmen Fastned zählte Ende vergangenen Jahres 346 Stationen, davon 42 in Deutschland. 569 weiter Standorte sind in Planung, davon 50 in Deutschland. Ziel ist es, bis zum Jahr 2030 insgesamt 1.000 Schnellladestandorte zu betreiben. Das börsennotierte Unternehmen ist aktuell in sieben Ländern aktiv. Ionity ist in 24 Ländern mit 700 Stationen und 4.800 Ladepunkten vertreten. Es gilt als Ladenetzwerk der Autohersteller, da zu den Anteilseignern BMW, Ford, Hyundai, Kia, Mercedes-Benz, Volkswagen, Audi, Porsche und die Blackrock Climate Infrastructure Platform zählen. CEO van Tilburg kam im Mai 2024 zum Unternehmen und leitete zuvor das Tesla Supercharger-Netzwerk.

Spark Alliance
Das Spark-Logo erinnert kaum an einen Funken: An ihren Stationen wollen die vier Betreiber das Logo auch nur verhalten platzieren.

Electra und Atlante

Electra aus Frankreich ist mit Standorten in Belgien, Luxemburg, den Niederlanden, Österreich, Italien, Schweiz, Spanien und Deutschland vertreten. Aktuell betreibt das Unternehmen von Mitgründer und CEO Aurelien de Meaux 450 Stationen mit 2.500 Ladepunkten. Vierter in der Allianz ist das italienische Unternehmen Atlante. Es ist das jüngste Unternehmen und bietet seit 2021 Schnellladen an. Aktuell sind 900 Stationen mit etwas über 3.000 Ladepunkten in Italien, Frankreich, Spanien und Portugal aktiv. Das Unternehmen ist eine hundertprozentige Tochter der börsennotierten taiwanesischen TCC Group Holding.

Stark in Zentral- und Südeuropa

Während die vier Anbieter in Skandinavien und Großbritannien schwach vertreten sind, gibt es einige Überschneidungen in Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien sowie den Benelux-Ländern. „Doch haben wir festgestellt, dass von 1.700 Stationen nur 25 in einem Abstand von weniger als 2,5 km liegen“, sagt Aurelien de Meaux von Electra. Er hatte die Idee zu der Allianz und handelte innerhalb eines halben Jahres mit seinen drei Kollegen die Rahmenbedingungen für die Spark Alliance aus. Die vier vereint die Konzentration auf ein hochwertiges Schnelllade-Angebot, doch unterscheiden sie sich teilweise in ihrer Ausrichtung. Einige haben ihre Stärken eher in Innenstädten, andere entlang der Hauptverkehrsrouten. 

Ionity
Großer Ionity-Ladepark an der A3 im Mainfrankenpark bei Dettelbach: Oft ist die Auslastung noch zu gering

Fusion ist kein Ziel

„Das ist kein erster Schritt in Richtung einer Fusion“, antwortet Langezaal auf die entsprechende Frage. Man bleibe weiterhin im Wettbewerb untereinander. Doch orientiere man sich mit der Spark Alliance an vereinbaren Kooperationen in der Luftfahrindustrie. Die Aufnahme weiterer Mitglieder sei nicht ausgeschlossen, aber zunächst starte man zu viert. „Wir bekommen dadurch im Markt eine bessere Sichtbarkeit und werden zu einem relevanten Ansprechpartner für die Autohersteller“, sagt Stefano Terranova, CEO von Atlante. 

Megawatt-Laden für Pkw

Angesprochen auf die Ladepläne chinesischer Autohersteller wie BYD und Zeekr für Ladeleistungen bis zu einem Megawatt zeigen sich die vier Unternehmenslenker zurückhaltend. „Es ist eine Reise. Der erste Schritt sind höhere Ladeleistungen der 800 Volt-Batteriesysteme. Dann sehen wir weiter, eventuell kommt eines Tages das Megawattladen für Pkw“, sagt de Meaux. Derart hohe Ladeleistungen sind eine Herausforderung für die Anschlussleistung ans Stromnetz. Kosten und Wartzeiten für Anschlüsse ans Mittelspannungsnetz zählen für alle Betreiber derzeit zu den größten Hürden. „Das Verbrennerauto bleibt unser größter Konkurrent. Ladezeiten dürfen nicht länger sein als ein Tank-Stopp“, formuliert Langezaal das Ziel.

Spark Alliance
1.700 Stationen mit über 11.000 Ladeanschlüssen sind Teil der Spark Alliance

Neue Partner-Netzwerke

Ein engeres Zusammenarbeiten der europäischen Ladebetreiber zeichnete sich bereits in den vergangenen Wochen ab. EON nimmt die Schnelllader von Ionity in sein Partner-Netzwerk auf. Damit laden Kunden an den 1.200 Ladepunkten von Ionity in Deutschland zum gleichen Tarif wie an EON-Stationen. Mit dem günstigsten Tarif ohne Monatsgebühr liegt der Preis bei 0,61 Euro pro Kilowattstunde. Mit einer monatlichen Grundgebühr von 6,99 Euro sinkt der kWh-Preis auf 0,55 Euro. Damit unterschreitet Ionity seinen eigenen Ad hoc-Ladetarif von 0,69 Euro sowie 0,65 Euro mit Anmeldung in der App, jedoch ohne Monatsbeitrag.

Wettbewerber reagieren

Fast zeitgleich mit der Spark Alliance erweitert die Digital Charging Solutions GmbH (DCS) ihr europäisches Ladenetz durch ein Preferred Partner Programm. Dabei bündelt das Berliner Unternehmen die Angebote ausgewählter Schnellladeanbieter in 25 europäischen Ländern. Der DACH-Raum bildet dabei einen Schwerpunkt. In Deutschland gehören Aral Pulse, EON, Mer und Shell zum Partnernetzwerk. In Österreich sind es Emobil, EVN und Mer. In der Schweiz können Kunden bei Gofast und Groupe E/Move laden. Für alle Teilnehmer im Partnerprogramm gelten einheitliche Ladetarife. DCS steht hinter dem Ladeangebot Charge Now. Zudem bietet das Unternehmen White Label-Lösungen für Autohersteller an. Anteilseigner bei DCS sind BMW, Mercedes-Benz und BP.

Zu geringe Auslastung

Auf der einen Seite fordern Politik und Autoindustrie weiter einen ungebremsten Ausbau der Schnelllade-Infrastruktur. Doch die Betreiber sorgt eine zu geringe Auslastung. Bei EnBW sind die Ladesäulen in Deutschland im Durchschnitt 15 Prozent der Zeit genutzt. „Das heißt, wir installieren derzeit Infrastruktur, die zu 85 Prozent der Zeit unbenutzt bleibt und auf ein Auto wartet“, sagt der EnBW-Vorstandsvorsitzende Georg Stamatelopoulos bei der Bilanzpressekonferenz. EnBW ist in Deutschland mit rund 730 Stationen, an denen 6.300 Ladepunkte installiert sind, Marktführer bei Schnellladern. Beim weiteren Ausbau tritt der Konzern jedoch auf die Bremse. Bis 2030 sollen insgesamt etwas mehr als 20.000 Ladepunkte installiert werden. Ursprünglich lagen die Pläne bei 30.000 Ladepunkten.

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